Bundesrechnungshof geht mit Forschungszulage (zu) hart ins Gericht

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Die „FAZ“ berichtete am 08.03.2021, dass zwei jüngste Berichte des Bundesrechnungshofs zur Forschungszulage „ernüchternd“ seien. Es heißt: „Demnach ist die Zulage weder zielgenau noch rechtssicher, was die Steuerfreiheit betrifft“, so der „FAZ“-Reporter Schäfers. Worum geht es?

Der Bundesrechnungshof hat zwei Teilberichte „Steuerfreiheit der steuerlichen Forschungszulage fraglich (Teil 1)“ und „Mangelnde Zielgenauigkeit der steuerlichen Forschungszulage (Teil 2)“ dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zur Beratung vorgelegt. Abzuwarten bleibt, wie sich der Deutsche Bundestag zu den Berichten äußert. Ebenfalls unklar ist, wer Zugang zu den Berichten erhalten wird. Was ist bislang bekannt?

Die „FAZ“ zitiert aus dem ersten nicht veröffentlichen Bericht: „Gemessen an diesen Zielen bestehen Zweifel an der zielgenauen Ausrichtung“, denn entgegen der ursprünglichen Absicht Investitionen in Forschung und Entwicklung auslösen und innovative Unternehmen zu stärken, käme die steuerliche Forschungszulage oft nicht unmittelbar bei den Unternehmen an. Ferner soll im zweiten nicht veröffentlichten Bericht folgendes stehen: „An der rechtssicheren Umsetzung der Steuerbefreiung der Forschungszulage bestehen Zweifel“, so die „FAZ“. Anschließend zitiert die „FAZ“ zwei Wirkungsanalysen des Bundesrechnungshofs. Ein Beispiel behandelt eine GmbH, bei der keine Pflicht besteht, die Forschungszulage dem Unternehmen zukommen zu lassen, während am Beispiel des Einzelunternehmers aufgezeigt wird, dass dieser mangels Zuführungs- oder Einlagepflicht die Forschungszulage zuerst zur Steigerung der privaten Liquidität einsetzen könnte.

Reaktionen aus Wirtschaft und Politik

Cedric von der Hellen vom Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. kommentierte: „Das „Vier-Augen-Prinzip“ täte auch den Kolleg*innen beim Bundesrechnungshof gut. Die GmbH, die erst 4 Millionen Euro in FuE-Projekte investiert, um die danach beantragte und bewilligte Forschungszulage an die Anteilseigner auszuschütten, möchte ich sehen. Klingt jedenfalls nicht nach einem in der Praxis tragfähigen Geschäftsmodell“.

Markus Herbrand von der FDP sagte gegenüber der „FAZ“: „Bundesfinanzminister Scholz täte gut daran, die unüblich deutliche Kritik der obersten Rechnungsprüfer an sein Haus ernst zu nehmen, damit aus der Forschungszulage kein Rohrkrepierer wird“. Das Bundesfinanzministerium gehe davon aus, dass der „Anreizeffekt nicht gesteigert werde, wenn die Auszahlung an eine Reinvestition gebunden wäre“, so die „FAZ“. Außerdem schränke eine genaue Verwendungsvorgabe die Attraktivität der Forschungszulage ein.

Rückblick und erste Zahlen

Die Forschungszulage trat im Januar 2020 in Kraft. Sie kann erstmals für Forschungsprojekte die 2020 starteten beantragt werden. In dem zweistufigen Antragsverfahren prüft zunächst die Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) die Qualität des Forschungsprojekts. Im zweiten Schritt kann ab dem 1. April 2021 bei den über 500 Finanzämtern die Forschungszulage unter „Mein Elster“ beantragt werden. Bei einem positiven Bescheid wird die Forschungszulage auf die festgesetzte Ertragsteuer angerechnet.

Bekannt ist, dass bis Ende Januar 2021 insgesamt 733 Unternehmen 904 Anträge für 1.451 Forschung- und Entwicklungsprojekte bei der BSFZ eingereicht haben. Bislang erhielten 84 Prozent der geprüften Anträge einen positiven Bescheid und können die Forschungszulage beim jeweils zuständigen Finanzamt beantragen.

Im Jahr 2019 beschäftigte die Wirtschaft 64,1 Prozent der in Forschung und Entwicklung Arbeitenden, während 20,6 Prozent in Hochschulen und 15,3 Prozent beim Staat und NGOs tätig waren. Ein gewisser Optimismus bei den Unternehmen hinsichtlich der Forschungszulage ist verständlich, denn immerhin sind die Personalkosten im Forschungsbereich extrem hoch. Gleichzeitig sind die beiden Berichte des Bundesrechnungshofs ein leichter Dämpfer. Jedoch scheint die Kritik verfrüht zu sein, denn noch kein Unternehmen hat die Forschungszulage erhalten.

Dr. Carsten Schmidt

Dr. Carsten Schmidt