Siegfried Russwurm, BDI-Präsident, will Reform der Unternehmensteuer vorantreiben – Baustein Forschungszulage auch auf der Agenda

BDI-Praesident-Russwurm_Presse

Eigentlich traut sich niemand das Wort ‘Krise‘ in den Mund zu nehmen, aber der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) legt einige Zahlen dar, die eine eindeutige Sprache sprechen. „Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft in Deutschland schwer getroffen und die Verschuldung der öffentlichen Haushalte nach oben getrieben“, so die BDI-Lagebeurteilung im Januar 2021. Es heißt, dass die Staatsverschuldung Anfang 2021 auf rund 80 Prozent in Relation zum BIP gestiegen sei. Siegfried Russwurm, BDI-Präsident, sagte zum Jahresauftakt 2021: „Insolvenzen und Arbeitslosigkeit werden in diesem Jahr aller Wahrscheinlichkeit nach zunehmen“.

Wege aus der Krise: Mehr Investitionen und Reformen

Die Corona-Pandemie hat erhebliche Investitionen seitens des Staates gefordert und der Lockdown die Unternehmen vor neue Herausforderungen gestellt. Konkret legt der BDI offen dar, dass ohne staatliche Forschungsförderung kein COVID-19-Impfstoff in so kurzer Zeit gefunden worden wäre. Dieser Rückblick macht die Bedeutung von Forschung und Entwicklung deutlich, wenngleich jetzt eine neue Zeit anbricht. „Für neues Wachstum sind höhere Investitionen und Innovationen nötig. Dafür müssen Unternehmen gestärkt und Investitionsbedingungen attraktiv gestalten werden. Eine Stellschraube hierfür sind bessere steuerpolitische Rahmenbedingungen“, so der BDI.

Für den BDI geht es um mehr Wachstum, weshalb die steuerpolitische Strategie neu ausgerichtet werden sollte. Russwurm spricht sich gegen höhere Steuern für Unternehmen und für mehr Investitionen aus. „Eine Steuerbelastung der Unternehmen, die im internationalen Vergleich mittlerweile an der Spitze liegt, kann sich Deutschland nach der Corona-Krise nicht mehr leisten. Diese Belastung ist ein Wachstumshemmnis und eine Investitionsbremse. Steuererhöhungen oder die Wiedereinführung einer Vermögensteuer sind der falsche Weg und kontraproduktiv“, so der BDI.

BDI stellt „Steuermodell der Zukunft“ vor

Ein Kernthema für den BDI ist die Unternehmensteuer, welche seit 2008 nahezu unverändert sei. Der Bundesregierung fehle eine übergeordnete Strategie, „um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft durch steuerliche Maßnahmen nachhaltig zu sichern“, so der BDI. Der aktuelle Steuersatz von ca. 31 Prozent auf den Ertrag liege weit über dem europaweiten Durchschnitt von 22 Prozent. Damit Deutschland an Attraktivität für ausländische Investitionen gewinne, müsse die Unternehmensteuer reformiert werden, so der BDI. Konkret fordert der BDI im Rahmen der Initiative „Steuermodell der Zukunft“, dass die Steuerbelastung für Unternehmen 25 Prozent nicht übersteigen sollte. Weitere Kernforderungen sind: (2) „eine strukturelle Modernisierung der Unternehmensteuer“ und (3) „eine einheitliche Unternehmensteuer, bei der die Gewerbesteuer in die Ertragsteuer integriert und eine stabile konjunkturunabhängige Finanzierung der Kommunen gesichert ist“.

Deutschland brauche ein Wachstumsprogramm 2030, so der BDI-Präsident. Die Kernthemen seien: (1) private Investitionen anregen, (2) Bürokratie abbauen und somit (3) den Standort erneuern. „Deutschland ist in vielem gut, aber wir sind viel zu langsam in der Geschwindigkeit der Veränderung“, so Russwurm. Die großen Themen stehen direkt vor der Tür. Dazu gehören auch: Umstrukturierungen der Unternehmen nach der Krise erleichtern, Verlustverrechnungen verbessern, Außensteuergesetz zeitgemäß ausgestalten und die Digitalisierung des Steuerrechts vorantreiben sowie die Besteuerung der digitalen Wirtschaft weltweit abstimmen.

Forschungszulage wichtiger Bestandteil beim „Steuermodell der Zukunft“

Investitionen in die Zukunft bedeuten immer Investitionen in Forschung und Entwicklung, denn ohne neue Erkenntnisse und Lösungen bleiben Innovationen aus. In der BDI-Studie „Raus aus der Krise“ heißt es: „Wir kommen nur mit ‘Wumms‘ aus der Krise, wenn die Politik auch bereit ist, entsprechend ambitioniert in Forschung und Entwicklung (FuE) zu investieren“.

Konkret schlägt der BDI vor: „Langfristig muss mehr Innovation am Standort Deutschland entstehen. Dafür muss u. a. die bestehende Eingrenzung über ‘Verbundene Unternehmen‘ gem. § 3 Forschungszulagengesetz angepasst sowie die Bemessungsgrundlage auf alle FuE-Kosten ausgeweitet und der Fördersatz auf ein international übliches Niveau von 31 Prozent aller FuE-Investitionen angehoben werden“. Somit wird deutlich, dass die steuerliche Forschungsförderung (Forschungszulage) ein wesentlicher Bestandteil für Investitionsanreize darstellt.

Rückblick Forschungszulage (FZul): Seit 2020 alle Unternehmen mit Rechtsanspruch

Zum 1. Januar 2020 trat erstmals die steuerliche Forschungszulage in Kraft. Die Förderung bezieht sich generell auf Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (FuE) in den Kategorien Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung. In erster Linie geht es um die Lohnaufwendungen für forschendes Personal sowie Auftragskosten bei in Auftrag gegebenen Vorhaben. Im aktualisierten Förderungs-Gesetzt heißt es: „Für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2026 entstandene förderfähige Aufwendungen des Anspruchsberechtigten im Sinne der Absätze 1 bis 4 beträgt die Bemessungsgrundlage maximal 4.000.000 EUR (§ 3 Abs. 5 Satz 2 FZlgG)“. Auf die Forschungszulage in der derzeitigen Form besteht ­ bei Vorliegen aller Voraussetzungen ­ ein Rechtsanspruch.

Quellen:
BDI (Januar 2021), Raus aus der Krise ­ BDI-Steuermodell der Zukunft, Modernisierung der Unternehmensteuer in der 20. Legislaturperiode, S.15.
BDI (Januar 2021), Unternehmenssteuerrecht modernisieren.
Russwurm, Siegfried, Deutschland hat das Zeug zu mehr!, BDI-Pressekonferenz zum Jahresauftakt, 12. Januar 2021 (Presse-Statement).
Bilderquelle:  https://bdi.eu/media/pressecenter/